TO BE VS. TO DO

TO BE VS. TO DO

Nicht endende Aufgabenlisten? Das Gefühl am Abend, zu wenig erreicht zu haben? Eine straffe, selbstdisziplinierte Organisation, auch im Privaten? Kommt dir das bekannt vor? Mit Abschätzigkeit nimmst du die „Arbeitsmoral“ jüngerer Generationen und das Thema „Work-Life-Balance“ zur Kenntnis? Den Sinn deines Lebens und Wertschätzung desselben definierst du über deine Arbeit? Overwork und Overtime stilisierst du zum Life-Style? Dann gehörst du zur Zielgruppe „Burn On“ - bekannt aus dem gleichnamigen Buch von Bert de Wildt und Timo Schiele - und du weist möglicherweise die Berufskrankheitssymptome von chronischem Burn-out auf, wenn dieser nicht in einem finalen Ereignis akut eruptiert. Nach der philosophischen Betrachtung durch Richard David Precht zum Thema Arbeit ergänzt diese medizinische Perspektive das Bild unserer Leistungsgesellschaft, deren Auswirkungen und die logische Konsequenzen, die die Generationen Y und Z zwangsläufig daraus ziehen müssen. Die gute Nachricht ist: Mit einfachen Lösungen können wir unsere Stressoren reduzieren und unser Wohlbefinden steigern.

Work-Life-Balance diskreditiert Arbeitszeit faktisch als nicht lebenswert. Sollte das für dich zutreffen, solltest du in der Tat schnell den Job wechseln. Auch wer sich im Beruf verwirklicht, sieht sich mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert. Längst sind einfache To-Do-Listen ausgereizt. Tim Allen versucht mit seiner Getting-Things-Done-Methode, der Flut an neuen Aufgaben eine praktische Struktur zu verpassen. Eingebettet in einen zeitlich klar strukturierten Alltag, mit klaren Spielregeln für Arbeits- und Freizeiten, leisten solche Ideen einen effektiven Beitrag.

Wie früher in der Schule müssen wir zurück zu klaren, zeitlichen Einteilungen. Innerhalb dieser stabilen Struktur helfen dann prozessuale Methoden, uns selbst zu helfen. Denn: Nicht alle Aufgaben sind erfüllbar und müssen deshalb priorisiert werden. So entstehen klare Zeitfenster für die Beantwortung von E-Mails, zum Beispiel von 8 bis 9 und von 11 bis 12 Uhr, Rückrufen oder regelmäßigen Besprechungen. Im Zeitraum dazwischen können geclusterte Themen konzentriert bearbeitet werden, beispielsweise immer montags Terminvorbereitungen der aktuellen Woche, dienstags der Forecast und mittwochs die Ausarbeitung eines bestimmten Themas – und nachmittags natürlich mit ähnlichem Raster.

Der „Stundenplan“ vermittelt Struktur und Sicherheit. Zeitfenster für spontane Themen oder Nacharbeiten müssen ebenfalls eingeplant werden. Verschiebungen erfolgen jedoch nur innerhalb der „Arbeitszeit“. Die Freizeit kann ebenfalls strukturiert werden, wenn dort bestimmte Themen hinten runterfallen. Wichtig ist eine klare Trennung der Organisation von Privatem und Beruflichem – insbesondere, wenn man in einer Partnerschaft lebt, bei dem der Lebenspartner auch eine geschäftliche Rolle spielt. Hier sollten strenge Business-Hours und Off-Times gelten. Wer allerdings sein Privatleben ähnlich straff und effizient durchplant, zählt ebenfalls zum Risikoprofil der Burn-Ons.

Spätestens wer nachts aufwacht und sich an noch zu erledigende Aufgaben erinnert, die er tagsüber nicht geschafft hat, sollte „aufwachen“. Es muss Zeiten geben, in denen es nicht um Pflichten geht und auch nicht gehen darf. Das heißt konkret: Handy aus, am besten zwei Geräte für Privates und Berufliches, um sich selbst weniger Ausreden zu ermöglichen. Wie ein Drogenabhängiger hängen wir an digitalen Endgeräten, die uns mit einer Scheinrelevanz beruflicher Entwicklungen zu verbinden versprechen.

Was definiert uns und wofür sollten wir wirklich unsere Lebenszeit einsetzen? Stellen wir uns eine Sekunde vor, wir liegen auf dem Sterbebett und blicken zurück. Gerade im Projektgeschäft nimmt selbstverständlich der berufliche Anteil einen signifikanten Stellenanteil ein und bietet wenig Raum für pseudomoderne Arbeitsmodelle. Priorisieren ist nichts Schlechtes, führt aber nur zu mehr Wohlbefinden, wenn gleichzeitig unser Anspruch an uns selbst den Realitäten angepasst wird. Im Privaten fällt es vermeintlich pflichtbewussten Menschen leichter, Termine zu verschieben und Deadlines nicht einzuhalten. Neben der „Verpflichtungserfüllung“ sollten deshalb gerade auch in der Freizeit bewusst unverplante Zeitfenster mit echter „Frei“-Zeit einen Freiraum für Erholung des Geistes schaffen.

Nur eine Anforderungs- und Aufgabenleere führt zu echter Kreativität und Reflektion. Als leichte Übung bietet sich an, einfach mal 15 Minuten im ruhigen Raum ohne Musik und Fernseher zu sitzen und nichts zu tun. Viele werden feststellen, dass es uns unglaublich schwerfällt, nicht nach einer Minute aufs Handy zu schauen – natürlich nur, um die verbliebene Zeit zu überprüfen.

Dein Ensider:Team

(Autor: Markus Vogelbacher)
(Bild: IFP Entertainment GmbH)

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