STREIK FÜR DIE ZUKUNFT

STREIK FÜR DIE ZUKUNFT

Warum lässt sich die US-amerikanische Entertainmentindustrie von Gewerkschaften über Monate kaltstellen und nimmt damit Milliarden US-Dollar Einbußen in Kauf? Diese existenzielle Verhärtung der Fronten hat gute Gründe, denn hier geht es nicht einfach nur um mehr Geld. Intransparenz bei Erfolgsabrechnungen und der künftige Einsatz künstlicher Intelligenz sind wichtige Verhandlungspunkte der Gewerkschaften. Vielleicht ein Kampf, der die Zukunft des Filmemachens weltweit beeinflusst. Wir erklären das amerikanische System und mögliche Auswirkungen für Deutschland – kurz vor der Fortsetzung der Verhandlungen am morgigen Mittwoch nach über 140 Tagen.

Hierzulande wundert man sich über die große Macht der Gewerkschaften in Amerika. Den aktuellen Streik haben Autor*innen nach gescheiterten Vorverhandlungen begonnen nachdem der bisherige Vertrag zwischen der Writers Guild of America, kurz WGA, der Gewerkschaft der Autor*innen, und der Motion Picture and Television Producers, kurz AMPTP, des Verbandes der Produktionsunternehmen, ausgelaufen war.

Die wichtigsten Streitpunkte sind: 1. Erhöhung der Vergütung, 2. Mehr Transparenz bei OTT-Plattformen für Erfolgsvergütungen, 3. Begrenzung des Einsatzes von KI. Bei den ersten beiden Punkten hat die AMPTP bereits ein verhandlungsfähiges Angebot vorgelegt. Gerade bei KI tut man sich aber offensichtlich schwer. Zu verführerisch scheint die Aussicht, künftig in vielen Aspekten der Filmherstellung auf Technologie, statt auf menschliche Kreation zu setzen. Die bisherigen Erfolgsmeldungen von KI-Lösungen entpuppten sich zwar meist als noch zu unzureichend, aber das könnte sich bereits in naher Zukunft ändern. Die Gewerkschaften werden trotz der existenziellen Herausforderungen der Betrolffenen von der breiten Masse der Mitglieder getragen.

Die WGA wurde bereits 1933 (West, 1954 East) gegründet und wirkt heute als starke Stimme und Interessenvertretung für Drehbuchautor*innen in der US-Unterhaltungsbranche. Das Hauptaugenmerk liegt darauf, Arbeitsbedingungen und die Bezahlung zu verbessern. Die Brisanz im aktuellen Tarifstreit entsteht jedoch vorallem durch den Schulterschluss der Screen Actors Guild (SAG-AFTRA.)

Die AMPTP wurde 1982 als Branchenverband für Produktionsfirmen in Los Angeles gegründet und ist in Deutschland mit der Allianz deutscher Produzenten – Film & Fernsehen e.V. vergleichbar. Zu den 350 Mitgliedsunternehmen der AMPTP (die Produzentenallianz steht für 320 Mitgliedsunternehmen) zählen vorallem auch die Major Studios.

Nach unterschiedlichen Schätzungen wird der wirtschaftliche Schaden, der durch den Streik verursacht wurde, auf über 4 Milliarden US Dollar geschätzt. Alleine in Kalifornien sind 700.000 Jobs direkt betroffen. Filmstudios und international arbeitende Crews weltweit stehen still. Je länger der Streik dauert, umso mehr Kinostarts der nächsten Jahre werden verschoben – auch in Deutschland. Das führt zwar zum Einen zu mehr Raum für nationale Filme, aber durch die enorme Sogwirkung der Hollywood Blockbuster könnten insgesamt gesehen Konsumenten wieder in andere Kulturaktivitäten abwandern.

Nach dem Ende des Streiks ist damit zu rechnen, dass weltweit viele Produktionen gleichzeitig um Fachkräfte und Ressourcen buhlen werden. Das könnte auch die Verfügbarkeit und Preise für nationale Produktionen beeinflussen. Gerade die, durch Preissteigerungen einerseits und Auslastungsflaute andererseits, gebeutelte Dientsleitungsbranche wird man jetzt mit langfristigen Verträgen und vernünftigen Preisen pflegen wollen, um im nächsten Jahr nicht von nur noch wenigen Monopolisten abhängig zu sein.

Dein Ensider:Team


(Autor: Markus Vogelbacher, Image by International Film Partners)

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